Wer kennt das nicht: Ein leuchtend roter Rabattaufkleber prangt auf der Lieblingsfertigsuppe, und scheinbar lässt sich beim Wocheneinkauf ordentlich Geld sparen. Doch während die prozentuale Ersparnis verlockend klingt, verbirgt sich hinter manch einem Sonderangebot eine Täuschung, die auf den ersten Blick kaum auffällt. Die Rede ist von reduzierten Füllmengen bei Fertigsuppen, die zeitgleich mit Preisaktionen eingeführt werden und den vermeintlichen Schnäppchen-Effekt erheblich schmälern oder sogar gänzlich aufheben.
Das Phänomen der schleichenden Verkleinerung
Fertigsuppen gehören zu den Produktkategorien, bei denen Mengenreduzierungen besonders häufig vorkommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Verpackungen lassen sich relativ unauffällig anpassen, und Verbraucher achten primär auf den Preis sowie das äußere Erscheinungsbild der Dose oder des Bechers. Eine Suppe, die jahrelang 400 Milliliter enthielt, wird plötzlich mit 350 Millilitern angeboten – bei identischem oder nur minimal gesunkenem Preis. Zeitgleich wird diese kleinere Variante dann als Sonderangebot beworben, was beim Käufer den Eindruck erweckt, besonders günstig einzukaufen.
Diese Praxis wird als Shrinkflation bezeichnet. Während Inflation die Preise steigen lässt, verkleinern Hersteller stattdessen die Produktmengen. Der psychologische Effekt ist beachtlich: Verbraucher nehmen Preiserhöhungen deutlich wahr und reagieren sensibel darauf. Eine kleinere Füllmenge bei gleichbleibendem oder moderat angepasstem Preis fällt hingegen weit weniger auf. Nach Beobachtungen der Verbraucherzentralen nutzen Hersteller Verringerungen der Füllmenge zunehmend, um Preiserhöhungen zu verschleiern.
Wie funktioniert die Täuschung bei Sonderangeboten?
Die Mechanik hinter dieser Verbraucherfalle ist raffiniert durchdacht. Wenn eine vertraute Fertigsuppe in neuem Design oder mit dem Hinweis „Neue Rezeptur“ daherkommt, ist Vorsicht geboten. Häufig nutzen Hersteller die Wiedereinführung eines Produkts in neuer Verpackung und Aufmachung, um die Füllmenge zu reduzieren und den Preis beizubehalten oder sogar zu erhöhen.
Der entscheidende Schachzug folgt dann im Handel: Die kleinere Variante wird als Sonderangebot beworben, was einen scheinbar attraktiven Rabatt verspricht. Vergleicht man jedoch die tatsächlichen Grundpreise, zeigt sich ein anderes Bild. Die gefühlte Ersparnis täuschst über die tatsächlich geringere Ersparnis hinweg, denn die Basis der Berechnung ist bereits eine verkleinerte Packung. Genau deshalb reicht es nicht, nur auf den durchgestrichenen Preis zu schauen.
Erkennungsmerkmale und Warnsignale
Es gibt einige Indizien, die auf eine solche Mengentäuschung hindeuten können. Verpackungsänderungen sind oft das erste Warnsignal: Wenn eine vertraute Fertigsuppe plötzlich in einem neuen Design oder mit Hinweisen wie „Neue Rezeptur“ daherkommt, sollten die Alarmglocken läuten. Ebenso verdächtig sind Produkte, die früher nie im Angebot waren und plötzlich regelmäßig in Aktionswochen auftauchen – oft zeitgleich mit der Markteinführung einer kleineren Variante.
Auffällige Preisgestaltung ist ein weiteres Merkmal: Der vermeintliche Normalpreis wirkt künstlich hoch angesetzt, sodass der Rabatt besonders attraktiv erscheint. Zudem verschwindet die alte Produktvariante oft schnell aus den Regalen, sodass ein direkter Vergleich erschwert wird. Diese Strategie macht es Käufern nahezu unmöglich, die tatsächliche Preisveränderung nachzuvollziehen.
Der Grundpreis als wichtigste Orientierungshilfe
Supermärkte sind gesetzlich verpflichtet, neben dem Verkaufspreis auch den Grundpreis anzugeben – üblicherweise als Preis pro 100 Gramm oder 100 Milliliter. Der Grundpreis als Orientierungshilfe findet sich meist klein gedruckt auf dem Regalschild und ist das wichtigste Instrument, um echte Schnäppchen von Scheinrabatten zu unterscheiden.
Allerdings zeigt die Praxis, dass die Umsetzung dieser Pflicht oft zu wünschen übrig lässt. Beschwerden bei Verbraucherzentralen belegen immer wieder, dass Grundpreise falsch oder schlecht lesbar gekennzeichnet werden. Bei Fertigsuppen sollten Sie grundsätzlich den Grundpreis verschiedener Angebote vergleichen, selbst wenn diese unterschiedliche Gesamtmengen aufweisen. Eine 500-Milliliter-Dose zum vermeintlich höheren Preis kann letztlich günstiger sein als eine 350-Milliliter-Variante im Sonderangebot. Viele Verbraucher übersehen diesen Vergleich, da sie sich auf die absolute Preisdifferenz oder den prozentualen Rabatt konzentrieren.

Besonders betroffene Produktvarianten
Nicht alle Fertigsuppen sind gleichermaßen von dieser Praktik betroffen. Instantsuppen in Bechern lassen sich besonders leicht in der Größe variieren, ohne dass dies sofort auffällt. Bei Premium-Sortimenten werden Mengenreduzierungen oft mit Qualitätsverbesserungen oder erlesenen Zutaten begründet, was die eigentliche Verkleinerung verschleiert.
Konserven mit rundlichem Design machen es schwierig, Größenunterschiede auf den ersten Blick zu erkennen. Bei Mehrpersonenportionen und Familienpackungen fallen prozentuale Mengenreduzierungen weniger auf als bei Einzelportionen, weshalb gerade diese Gebinde häufig betroffen sind. Die Hersteller nutzen gezielt die psychologische Tatsache aus, dass größere Packungen weniger genau geprüft werden.
Rechtliche Grauzone und fehlende Transparenzpflicht
Rechtlich bewegen sich Hersteller und Händler bei dieser Praxis in einem Graubereich. Die Füllmenge zu reduzieren ist rechtlich zulässig, ebenso wie Preiserhöhungen. Solange die tatsächliche Füllmenge korrekt auf der Verpackung angegeben ist und der Grundpreis am Regal ausgewiesen wird, liegt formal keine Täuschung vor.
Verbraucherschutzorganisationen kritisieren jedoch seit Jahren, dass es keine Kennzeichnungspflicht für Mengenreduzierungen gibt. Ein Hinweis wie „Neue Füllmenge“ oder „Jetzt mit weniger Inhalt“ wäre für Verbraucher hilfreich, ist aber nicht vorgeschrieben. Stattdessen werden Verkleinerungen oft mit positiv klingenden Marketing-Botschaften verknüpft: „Handliche Portionsgröße“ oder „Optimiert für den Single-Haushalt“ lenken von der eigentlichen Reduzierung ab.
Praktische Tipps für den bewussten Einkauf
Um nicht in die Mengenfalle zu tappen, empfehlen sich konkrete Strategien beim Einkauf von Fertigsuppen. Fotografieren Sie die Grundpreise Ihrer regelmäßig gekauften Produkte mit dem Smartphone. So haben Sie beim nächsten Einkauf eine Vergleichsbasis und erkennen sofort, ob ein Sonderangebot tatsächlich günstiger ist. Nutzen Sie zudem Preis-Vergleichs-Apps, die teilweise auch historische Preisentwicklungen anzeigen.
Bevorzugen Sie beim Vergleich verschiedener Angebote immer den Grundpreis statt des absoluten Preises. Rechnen Sie bei besonders verlockenden Rabatten kurz nach: Teilen Sie den aktuellen Aktionspreis durch die Füllmenge und vergleichen Sie das Ergebnis mit Ihren Erfahrungswerten. Heben Sie alte Verpackungen auf, bis Sie die neue Variante gekauft haben. Ein direkter Größenvergleich zu Hause offenbart oft überraschende Unterschiede, die im Supermarktregal nicht erkennbar waren.
Alternative Einkaufsstrategien
Wer sich gegen intransparente Preisgestaltung wehren möchte, kann auf verschiedene Alternativstrategien setzen. Eigenmarken des Handels unterliegen oft weniger drastischen Mengenschwankungen als Herstellermarken, da der Wettbewerbsdruck hier anders gelagert ist. Auch lose Ware oder Produkte aus der Frischetheke bieten mehr Transparenz, da Sie die Menge selbst bestimmen können.
Eine weitere Option ist der Umstieg auf größere Gebinde, sofern das Produkt haltbar genug ist. Bei Konserven und vielen Trockensuppen ist dies problemlos möglich. Großpackungen weisen häufig stabilere Grundpreise auf und sind weniger von kurzfristigen Verkleinerungsaktionen betroffen. Die versteckte Mengenreduzierung bei Fertigsuppen ist ein systematisches Problem, das weit über einzelne Produkte oder Handelsketten hinausgeht. Als Verbraucher sind Sie diesem Trend jedoch nicht hilflos ausgeliefert. Mit geschärftem Blick auf Grundpreise, kritischer Betrachtung von Sonderangeboten und dem Mut, Gewohnheiten zu hinterfragen, lassen sich echte Schnäppchen von cleveren Marketingstrategien unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
