Fotografen und Hobby-Enthusiasten stehen häufig vor einer Herausforderung, die auf den ersten Blick banal erscheint, in der Praxis aber enormen Einfluss auf die Bildqualität hat: die korrekte Handhabung von RAW-Dateien in Google Fotos. Der Cloud-Dienst bietet zwar eine komfortable Möglichkeit zur Verwaltung und Sicherung von Bildern, doch ohne die richtigen Einstellungen gehen wertvolle Bildinformationen unwiederbringlich verloren. Wer mit professionellen Kameras oder fortgeschrittenen Smartphones fotografiert, sollte unbedingt wissen, wie sich die volle Kompatibilität mit RAW-Formaten aktivieren lässt.
Warum RAW-Dateien besondere Aufmerksamkeit verdienen
Im Gegensatz zu komprimierten JPEG-Dateien speichern RAW-Formate sämtliche Sensordaten ohne Qualitätsverlust. Das bedeutet: maximale Flexibilität bei der Nachbearbeitung, deutlich größerer Dynamikumfang und präzisere Farbinformationen. Professionelle Fotografen schwören auf dieses Format, weil es nachträgliche Korrekturen von Belichtung, Weißabgleich und Details ermöglicht, ohne dass Bildartefakte entstehen.
Das Problem: Viele Cloud-Dienste komprimieren hochgeladene Bilder automatisch, um Speicherplatz zu sparen. Was für Schnappschüsse vom Strandurlaub völlig ausreichend ist, wird für ambitionierte Fotografen zur echten Herausforderung. Google Fotos behandelt RAW-Dateien grundsätzlich anders als normale Fotos, doch die Voreinstellungen sind nicht immer optimal für professionelle Ansprüche konfiguriert.
Der entscheidende Unterschied zwischen Speicheroptionen
Google Fotos präsentiert Nutzern beim Einrichten zwei Optionen für den Upload: eine Speicherplatz sparende Variante und die Original-Qualität. Die erste Option klingt zunächst verlockend und suggeriert, dass kaum Unterschiede sichtbar sein werden. Tatsächlich komprimiert Google bei dieser Einstellung jedoch Bilder auf maximal 16 Megapixel und wendet eine JPEG-Kompression an.
Für RAW-Dateien gibt es dabei eine wichtige Besonderheit: Selbst bei aktivierter Speicherplatz-sparender Option werden RAW-Dateien immer in voller Größe hochgeladen und zählen zum Speicherkontingent. Das bedeutet, dass man bei dieser Einstellung weder die Vorteile des unbegrenzten Speichers nutzt noch die Gewissheit hat, dass alle Bildinformationen optimal behandelt werden. Die gesamte Philosophie hinter dem Format – nämlich die verlustfreie Speicherung aller Bildinformationen – erfordert die bewusste Wahl der richtigen Upload-Option.
So aktivierst du die vollständige RAW-Unterstützung
Die Lösung ist technisch simpel, aber in ihrer Wirkung enorm. Öffne zunächst die Google Fotos App auf deinem Smartphone oder navigiere zur Webversion am Desktop. Der Weg zu den entscheidenden Einstellungen unterscheidet sich minimal je nach Plattform.
Einrichtung auf dem Smartphone
- Tippe auf dein Profilbild in der oberen rechten Ecke
- Wähle „Fotos-Einstellungen“ aus dem Menü
- Navigiere zu „Sichern und Synchronisieren“
- Suche den Punkt „Uploadgröße“ oder „Sicherungsqualität“
- Stelle die Option auf „Original“ um
Anpassung am Desktop
- Klicke auf das Zahnrad-Symbol für die Einstellungen
- Öffne den Bereich „Upload-Größe“
- Wähle explizit „Original“ statt der voreingestellten Option
Ein wichtiger Hinweis: Diese Änderung wirkt sich nicht rückwirkend auf bereits hochgeladene Dateien aus. Bilder, die vor der Umstellung gesichert wurden, behalten ihre ursprüngliche Upload-Qualität. Für eine vollständige RAW-Bibliothek in Originalqualität müssen betroffene Dateien gegebenenfalls erneut hochgeladen werden.
Was du über Speicherplatz wissen solltest
Die Entscheidung für Original-Uploads hat einen Haken, den Google transparent kommuniziert: Die Dateien werden auf das Speicherkontingent deines Google-Kontos angerechnet. RAW-Dateien sind erheblich größer als JPEGs und verbrauchen enormen Speicherplatz. Eine einzelne RAW-Datei einer modernen Vollformatkamera kann problemlos 30 bis 60 Megabyte groß sein – manche hochauflösende Mittelformatsysteme produzieren sogar Dateien jenseits der 100-Megabyte-Marke.
Das bedeutet, dass dein verfügbares Speichervolumen schnell erschöpft ist. Hier lohnt sich eine pragmatische Strategie: Nutze Google Fotos selektiv für deine wichtigsten Aufnahmen in RAW oder kombiniere verschiedene Speicherlösungen. Viele Fotografen sichern ihre komplette RAW-Bibliothek lokal auf externen Festplatten oder NAS-Systemen und laden nur ausgewählte Projekte in Cloud-Dienste hoch.

Die versteckten Vorteile der Original-Uploads
Ein oft übersehener Vorteil der Original-Upload-Einstellung betrifft die Metadaten. Jede Kamera speichert in RAW-Dateien nicht nur Bildinformationen, sondern auch umfangreiche EXIF-Daten: Belichtungszeit, Blende, ISO-Wert, verwendetes Objektiv, GPS-Koordinaten und vieles mehr.
Diese Informationen sind für die spätere Analyse deiner fotografischen Entwicklung Gold wert. Du kannst nachvollziehen, mit welchen Einstellungen bestimmte Effekte erzielt wurden, deine Lieblingsbrennweiten identifizieren oder Orte wiederfinden. Die Original-Einstellung garantiert, dass sämtliche Metadaten intakt bleiben. Das schließt auch spezielle Herstellerinformationen ein, die in proprietären Formaten wie CR3 von Canon, NEF von Nikon oder ARW von Sony gespeichert werden.
Google Fotos ermöglicht mittlerweile grundlegende Bearbeitungen auch an RAW-Dateien, ohne dass man diese herunterladen muss. Die Algorithmen greifen dabei auf die umfangreicheren Bildinformationen zu und liefern bessere Ergebnisse bei Belichtung, Schatten und Highlights als bei reinen JPEGs. Die bearbeitete Version wird als neues JPEG gespeichert, während die Original-RAW-Datei unverändert bleibt – ein non-destruktiver Workflow, der professionellen Standards entspricht.
Workflow-Optimierung für professionelle Anwender
Wer regelmäßig mit RAW-Dateien arbeitet, sollte seinen gesamten Workflow überdenken. Google Fotos kann dabei eine zentrale Rolle spielen, wenn man die Funktionen intelligent kombiniert. Die RAW-Unterstützung funktioniert besonders elegant, wenn deine Kamera beide Formate parallel aufnimmt – ein Feature, das die meisten modernen Kameras beherrschen.
Bei aktivierter RAW-JPEG-Funktion speichert deine Kamera jedes Bild in beiden Formaten. Die JPEG-Versionen eignen sich für schnelles Teilen und Betrachten, während die RAW-Dateien für die spätere Bearbeitung vorgehalten werden. Google Fotos erkennt beide Versionen und zeigt sie intelligent an: Du siehst zunächst das JPEG-Foto, kannst aber jederzeit auf die zweite Kachel tippen, um das RAW-Foto zu sehen. Die Desktop-Version von Google Fotos erlaubt es zudem, spezifische Ordner zu synchronisieren. So kannst du etwa einen dedizierten „RAW-Backup“-Ordner erstellen, der ausschließlich wichtige Projekte enthält.
Häufige Stolpersteine und deren Lösung
Trotz korrekter Einstellung kann es zu Problemen kommen. Ein klassischer Fall: Die Upload-Geschwindigkeit scheint extrem langsam. Das liegt in der Natur der großen Dateien und ist normal. Für 100 RAW-Dateien à 40 Megabyte solltest du mehrere Stunden einplanen, abhängig von deiner Internetverbindung.
Manche Nutzer berichten, dass bestimmte RAW-Formate nicht korrekt dargestellt werden. Google Fotos unterstützt die meisten RAW-Dateien der gängigen Kamerahersteller, darunter CR2 und CR3 von Canon, NEF von Nikon, ARW von Sony sowie das universelle DNG-Format. Exotische oder sehr neue Formate können gelegentlich Probleme bereiten. Die Lösung: Konvertiere diese Dateien in das DNG-Format, das Adobe als offenen Standard etabliert hat.
Ein weiterer Punkt betrifft die mobile Darstellung. RAW-Dateien werden in Google Fotos als JPEG-Vorschau angezeigt. Das ist gewollt und spart Rechenleistung auf mobilen Geräten. Die vollständige RAW-Datei steht aber jederzeit zum Download bereit und kann mit entsprechender Software wie Lightroom oder Capture One bearbeitet werden.
Die Investition in Original-Uploads zahlt sich langfristig aus. Deine Bilder behalten ihren professionellen Charakter, Bearbeitungsspielraum bleibt maximal erhalten, und du schaffst ein zuverlässiges Backup-System für deine fotografischen Werke. Die Kombination aus lokaler Speicherung und Cloud-Backup nach dem 3-2-1-Prinzip – drei Kopien, zwei verschiedene Medien, eine externe Kopie – wird damit realistisch umsetzbar. Mit den richtigen Einstellungen wird Google Fotos zu einem wertvollen Werkzeug in deinem fotografischen Arsenal, das die volle Qualität deiner RAW-Aufnahmen bewahrt und gleichzeitig moderne Cloud-Funktionen bietet.
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